Böhler & Orendt's Memory Movers Do, 12.09.2024
(Matthias) Böhler & (Christian) Orendt als Berliner Künstlergruppe gestalten hier einen ganzen Saal im eindrucksvollen und gelungenen Neuen Museum Nürnberg. Kunst und Design (nmn.de) eine raumgreifende Installation mit verschiedenartigen technischen Mitteln. Kooperationspartner ist das Institut für moderne Kunst. Die beiden Ziele dieser Spezial-Ausstellung sind sehr originell, nämlich zu zeigen, welche Vielfalt archivalischer Zugänge gewählt und berücksichtigt werden kann. Zweitens, mit gleicher Bedeutung, ist der Blick gewünscht und auch herbeigeführt, dass vielen Exponaten eine wesentlich politische Dimension zukommt.

Das bedeutet den - häufig nicht bedachten - Hinweis darauf, dass die Entscheidung der Archive bei ihrer täglichen Aufgabe die Überlieferung durch Ausscheiden von Material erst ermöglicht, aber natürlich die Frage offenläßt, ob dieses Angebot an Material vom Publikum bzw. der Forschung genutzt - und dazu in einer politischen Dimension berücksichtigt wird.

Die Ausstellung besteht aus ca. 200 Objekten - Leihgaben von (meist deutschen) 53 Archiven: Aus Österreich kommen Leihgaben vom Archiv der Österreichischen Galerie Belvedere und von den Archiven des ZKM / Zentrum für Kunst und Medien, Basis Wien. Somit wird hier eine umfassende Organisationsleistung gezeigt. Und der nur als originell zu bezeichnende Clou dabei ist: Träger der Objekte sind verschiedenartige Fahrzeuge wie Handkarren, Fahrräder, Mopeds, neue und auch historische Autos u.ä. Hier findet sich auch eine Königlich Bayerische Postkutsche (ohne Bezug zum Postwesen, aber auch als Träger von Dokumentkisten). Die Fahrzeuge wurden übrigens von 16 Lehgebern für diese Präsentation zur Verfügung gestellt!! Übrigens: Das Vielen von uns wohlvertraute, aber längst vergessene Mikrofiche-Lesgerät (hier ein Exemplar von 1985) ist natürlich ebenfalls historisch: Das ist Memory!!

Die Besucher und Besucherinnen können natürlich nach Belieben in intensiver Dämmerung herum"geistern", sie sind aber eingeladen, sich der Führung von "Daimons" anzuvertrauen: Diese Hörhelme/Hüte flüstern Gedanken ein und lenken so den einzelnen. Dabei ist besonders bemerkenswert, dass dieser Hörhelm bereits mit inhaltlicher Färbung ausgesucht werden kann: Es gibt hier somit gemäß einem Trend eher politsche, eher wissenschaftliche bzw. eher "feingeistige" Führungen. Ich hatte den wissenschftlichen Helm gewählt, bekam aber bei den Dokumenten über Deutsch-Südwest (Namibia) sehr selektiv den schrecklichen Mord an den Hereros erzählt. So ein Helm mit Trend ist eine wichtige Erinnerung an die Festlgung des Einzelnen durch Vor-Entscheidung und zugleich eine Erinnerung an die Beeinflussung des Einzelnen durch die Außenwelt - denke ich. Die Installations-Ausstellung ist toll und "rund" mit dem Schwerpunkt Technik-Natur. Kunst und Musik mussten außenvor bleiben - das wäre zu viel gewesen.