Bekannte Persönlichkeiten über ihre Freundschaften
von Birgit Fenderl
Mag. Birgit Fenderl (geb. 1971) - seit 30 Jahren am ORF tätige Journalistin (mit verschiedenen Aufgaben) - ist auch bekannt als
Autorin von Büchern über Frauenthemen. Die studierte Romanistin und Politologin weitet in ihrem schönen neuen Buch den Blick:
Thema ist nun die Freundschaft verschiedener Art von sehr unterschiedlichen Personen. Dabei dominieren die 14 Freundschaftspaare
(davon ein Couple aus drei Geschwistern verstanden) das Buch, das durchaus als eine Art Wiener Heimatbuch verstanden werden kann.
Hier werden aufschlußreiche Wesenszüge und Privates bekanntgemacht, das aus "bekannten Persönlichkeiten" durchaus neu zu entdeckende
Persönlichkeiten entstehen, anderes bestätigt den Blick auf Persönlichkeiten. Zugleich werden hier Typen von Freundschaften gezeigt.
So tritt der Typ "beste Freundin seit jeher" bei Birgit Denk und Alexandra Barcelli sowie bei Hannah Lessing und Michaela Ernst auf.
Markant sind natürlich auch Freundschaften, die aus der Berufstätigkeit entstehen und die Partnerschaft als echte Freundschaft entwickeln:
Schöne Beispiele sind hier Gabi Hiller und Philipp Hansa sowie Paul Sevelda und Ursula Denison. Damit ist das Freundschaftspaar Frau und
Mann erreicht, das häufig als besonders problematisch angesehen wird: Es "lauert" hier eben beim Betrachter oder wirklich die Erotik.
Nach meinem Eindruck ist der letzte Abschnitt der drei Geschwister (Schwester und zwei Brüder) also die Grauzone von konstanter
Geschwisterliebe und dauernder Freundschaft. Und nicht zuletzt sind die Beispiele für geradezu klassische Männerfreundschaften sehr
schön gezeichnet, sei es als Gewohnheitsfreunde aus Volksschulzeiten (Heinz Fischer und John Sailer) oder als Erwachsenenfreundschaft
(Alain Weissgarber und Michael Lentsch).
Hilfreich ist an diesem schönen, auch wirklich schön gestalteten Buch, das ohne Literaturverzeichnis ein echtes Lesebuch darstellt, auch das
Herausfinden wichtiger Wesenszüge von Freundschaft, von denen ich einige (ohne direkten Verweis auf die Gesprächsstellen) anführe.
Fundiert ist dies durch theoretische Abschnitte über die Freundschaft in der Einleitung, in Gesprächen mit Lisz Hirn und mi Cristina Budroni.
Denn in unserer Zeit, in der beispielsweise bei Facebook Nutzer und Nutzerinnen Hunderte, ja Tausende von Freundinnen und Freunde
reklamieren, sollte die klassische Frage nach der Freundschaft, die schon Aristoteles und Cicero bewegt hat, neu aufgegriffen werden.
Dabei ist das Beispiel der (späteren) Freundschaft von Goethe und Schiller (ein kurzer Abschnitt im Buch) nur teilweise paradigmatisch.
Sowohl die theoretischen Teile als auch die Gespräche der und mit den Freundespaaren bringen eine Fülle von Annäherungen und
Beschreibungen, aber auch von Abgrenzungen zu Thema und Begriff Freundschaft. Freundschaft bedeutet Interaktion, keine Abhängigkeit.
So heißt es, Beziehungen gehen - Freundschaften bleiben (13 f.), Schlüsselfrage ist eben: "Zu wem fühlt man sich hingezogen" (103?
Dabei wird auch bezweifelt, ob Freundschaft überhaupt räumliche Nähe, gar häufige räumliche Nähe braucht7 Denn, so heißt es, "für mich
definiert sich Freundschaft nicht über Zeit, Raum oder Weltanschauung" (133). Und sprachlich wird die Ausdifferenzierung vorgeschlagen:
"Ich habe dich lieb" (bei der Freundschaft) gegenüber "Ich liebe dich" (bei der Liebesbeziehung). Und das gilt auch, wenn aus einer Ehe
inzwischen eine Freundschaft geworden ist (vgl. 148). So ist Freundschaft "ein Gefühl, das man empfindet, unabhängig davon, wie oft
man sich sieht oder hört" (150).
Meines Erachtens zu wenig wird jedoch auf die Möglichkeit einer spirituell empfundenen Freundschaft in allen Religionen hingewiesen
(ich nenne ein christliches Beispiel):
"Dann haben wir diesen ganz starken Faktor der Agape, also die Hinwendung zum Größeren, zum Göttlichen. Das ist, sagen wir einmal,
vielleicht die kühlste Form einer Liebesbeziehung" (S. 102). Das würden die großen Mystiker aber gewiß anders sehen. Und auch die
geistliche Freundschaft, beispielsweise eines Franz von Sales mit Johanna Franziska von Chantal, fällt hier sozusagen unter den Tisch.
Sehr schön zeigt das Buch, dass Freundschaft auf jeden Fall keine Frauendomäne ist, für die sie traditionell gehalten wird - und ist allein
dadurch ein modern-aufklärerisches Buch, das sich zu lesen lohnt. Die Autorin hat Recht, dass "Freundschaft ein schönes Thema für ein
Buch und für unsere Zeit ist" (214).