Sisi - das neue, schön gestaltete und angenehm lesbare Buch in der Reihe der Veröffentlichungen über die
Kaiserin. Und dazu verfasst und mit Fotografien versehen von der herausragenden Autorin und Spezialistin zu
Sisi und ihrer Zeit (Zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts) - Katrin Unterlehner! (Wikipedia.org/wiki/Katrin_Unterreiner)
Die Autorin gestaltet die Lebensbeschreibung der bayerischen Prinzessin, Königin von Ungarn und Kaiserin
von Österreich, Elisabeth, auch unter Rücksicht auf bisher nicht verwendete Unterlagen: Es ist ein wirklich
empathisches und liebenswertes Buch einer kenntnisreichen Autorin. Katrin Unterlehner hat sich wohl dem
antiken Prinzip verschrieben, zu berichten, was wirklich geschehen ist. Dabei ist öffentliche Präsentation der
Kaiserin verbunden mit dem "geheimen Leben"; also dem Teil des Lebens außerhalb der Öffentlichkeit.
Und dieser nicht-öffentliche, möglichst private Teil des gesamten Lebens ist bei Sisi außerordentlich
umfangreich, lernen wir von der Autorin.
Das - gut durch Quellen gestützte - Buch aus zwanzig thematischen Kapiteln, zeigt es uns eine neue Sisi?
Nein, aber eine wesentlich ergänzte. Erfreulicherweise gibt es auch einen Abschnitt "Quellen und Literatur".
Sisi erweist sich als Frau, die in gewisser Weise auch in unserem Jahrhundert leben könnte: Selbstbewusst,
wählerisch bei Familienangehörigen, Freunden und Menschen ihrer Umgebung, egoistisch, finanziell unabhängig,
sportbegeistert und schönheitsbewusst, teilweise geradezu schönheitsversessen, aber auch politisch (solange
es sie interessiert: Anfangs Sachwalterin der Ungarn und begeistert als Königin von Ungarn akzeptiert).
Sie war eine Perfektionistin. Und das bei ihrer geradezu Gier, auf langen Reise dem Hof in Wien zu entfliehen.
Als Person ihrer Zeit und Mitglied der Hocharistrokratie erweist sich der völlig "sorglose" Umgang mit dem
staatlichen Geld, z.B. bei ihren ausgedehnten Reisen und Aufenthaltszeiten im In- und Ausland als Hilfe
für ihre (mehr oder weniger) angegriffene Gesundheit. Ihre Aufenthalte bei ihrer Familie am Starnberger
See bedeuteten, dass ca. 50 Personen sie umgaben - und bei "einsamen" Aufenthalten waren es ca. 10 Personen!
Ihr einnehmendes Wesen war häufig eine Art Maske - innerlich dachte sie oft anders. Und durchgehend legte sie
Wert darauf, als leidende und vom Schicksal geprüfte Frau wahrgenommen zu werden.
Die Kaiserin war auch sprachlich vielseitig, u.a. sprach und schrieb sie Englisch (zu ihrer Zeit kein Muss!), war
perfekt im Ungarischen und befasste sich mit Griechisch (dafür beschäftigte sie regelmäßig einen Vorleser).
Und nicht zu übersehen bleibt, dass Sisi die Mutter dreier Kinder ist - in unserer Epoche eine Notiz wert!
Was ich im Buch vermisse, ist die Haltung von Sisi zur Kirche und zu kirchlichen Fragen. Erwähnt wird nur ihre
Neigung zum Spiritismus.
Am meisten beeindruckend ist aber das sehr veränderte und doch konstante Verhältnis zu ihrem Ehemann,
Kaiser Franz Joseph, der die häufige "Flucht vom Hof" mit Gleichmut erträgt und ihr liebevoll verbunden bleibt.
Da sage ich mal, "das ist Haltung", nicht nur als Ehemann, sondern auch als vor Gott sich verantwortlich
wissender Kaiser eines Riesenreiches.
Am Rande: S. 57 lautet die Überschrift "Vertraute und Freund", das Inhaltsverzeichnis verwendet korrekterweise
den Plural "Freunde".