"Wachsen und Vergehen" ist ein anspruchsvolles Museumsprojekt. Zwei
Positionen künstlerischen Schaffens werden hier nebeneinandergestellt,
die auf den ersten Eindruck nicht kompatibel sind. Dazu ist der Ausgangs-
punkt bemerkenswert. Der (sehr berühmte) Künstler ist gestorben, die
Künstlerin ist erfreulicherweise bei der Ausstellungseröffnung anwesend
und kann befragt werden. So erklärt sie, die Doppelausstellung möchte ein
"Duett" sein zwischen zwei künstlerischen Konzeptionen zum Zentrum Natur.
Sie bestätigt auch, dass sie z.B. bei "Verlangen" (2015)(eine Installation mit
7 Grasstücken) und bei "Aufgehoben" (2014)(12-teilige Installation) an eine
Zahlensymbolik denkt.
Die Künstlerin zeigt eher ein verhaltenes Schaffen, beim Künstler überwiegt
deutliche, ja "laute" Darstellung.
Sieglinde Bottesch (geboren 1938 in Hermannstadt/Sibiu) arbeitet schon
lange Jahre als freischaffende Künstlerin und Kunsterzieherin, seit 1987 in
Deutschland. Die vielseitige Künstlerin wirkt als Malerin, Graphikerin, aber
auch Bildhauerin und Objektkünstlerin erfolgreich. Künstlerisch geht es ihr
um Natur, ihre Prozesse und Übergänge, häufige Materialien sind Gips und
Chinapapier. Seit 2000 entstehen plastische Arbeiten. Ihre Präsentationen
auf Einzelausstellungen (mehrfach in München) und Gruppenausstellungen
(z.B. in der Kammerhofgalerie in Gmunden 2009) sind bemerkenswert,
ebenso ihre inzwischen umfangreiche Bibliographie.
Die Albertina stellt ihre Schenkungen "Sitzendes Nädchen" 1975, "Reiher"
1977 und "Fruchtbarkeit" 1977 aus.
In der Regensburger Ausstellung werden 34 Arbeiten auf Papier sowie 24
Plastiken und Installationen der Künstlerin gezeigt.
Bernard Schultze (geboren 1915 in Schneidemühl, gestorben 2005 in Köln)
ist - abgesehen von einigen vorübergehenden Ortswechseln - seit 1922 in
Berlin ansässig. Nach der Ausbildung diente er während des gesamten (2.)
Weltkriegs als Soldat. 1972-1992 war er an der Akademie der Künste Berlin
tätig. Er hatte sowohl Einzel- als auch Doppelausstellungen im nationalen
wie internationalen Rahmen und bekam als Zeichen seines Ansehens eine
auffallend große Zahl von Orden und Preisen, so nicht zuletzt 1978 das
Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Bemerkenswert ist die umfangreiche
Literatur von und über Bernard Schultze. Bereits 1975 richtete ihm das
Künstlerhaus Wien eine bemerkenswerte Ausstellung ein. Präsent war der
Künstler auch schon 2005 im Kunstforum Ostdeutsche Galerie.
Bernard Schultze ist ein Hauptvertzreter des Informel. Hier gilt das Prinzip
der Formlosigkeit bei einem vom Unterbewußtsein gesteuerten Prozeß.
Seit ca. 1960 entwickelt der Künstler "Migofs", Skulpturen in einer
dreidimensionalen Bildersprache, die oft wie "Waldgeister" wirken.
Tief beeindruckend sind u.v.a. die "Metamorphosen aus dem Zerfall",
ein Gemälde, gestaltet aus Öl auf Leinwand, ein Werk von 1973,
sozusagen aus der Mittleren Schaffensepoche.
In der Regensburger Ausstellung werden 23 Papierarbeiten (Zeichnungen,
Drucke, Aquarelle), drei Plastiken und ein Gemälde ausgestellt.
Die Ostdeutsche Galerie zeigte bereits 1981 bei einer Gruppenausstellung
ein Werk von Sieglinde Bottesch, die derzeitge Präsentation schafft somit eine
Anknüpfung an das Schaffen der Künstlerin nach gut vier Jahrzehnten.
Die wichtige Ausstellung wird von öffentlichen und privaten Leihgebern sowie
Geldgebern unterstützt. Der Katalog wird Ende Oktober vorgelegt.