Der 1. Bibliothekspolitische Bundeskongress in Berlin war eine echte Neuerung.
Denn das Bemühen der Bibliotheken, ihre Bedeutung und Notwendigkeit für die
Gesellschaft allgemein sowie Bildung und Forschung im besonderen der Seite der
Politik vorzutragen, ist geradezu traditionell - mehr oder minder erfolgreich.
Ein Bibliothekspolitischer Bundeskongress schafft hier eine klare Zielrichtung, die
durchaus angenommen wird. Dies konnten die gut 300 Teilnehmer und -innen
(gemäß Teilnahmeliste) erfreulich nachvollziehen: Die Breite des Bibliothekswesens
war vertreten, aber auch führende Personen aus dem Ministerialbereich bis hin zu
Abgeordneten, einem Minister (Schleswig-Holstein) und einem Staatssekretär (Bayern).
Die Staatsbibliothek Berlin - Preußischer Kulturbesitz erwies sich bei den beiden
Veranstaltungstagen als freundliche und kompetente gastgebende Institution.
Und der Hauptveranstalter dbv (Deutscher Bibliotheksverband) hat gute Arbeit
geleistet. Durchgeführt wurde der Kongress mit Keynotes, Impuls(kurz)referaten
und vor allem Podiumsdiskussionen.
"Zugang und Teilhabe im Digitalen Wandel" als Thema eines ersten Kongresses
war weit formuliert (gemeint waren als Schwerpunkt natürlich die Bibliotheken)
und aktuell zugleich, nicht zuletzt in der Phase der deutschen Regierungsbildung.
Der Inhalt der Kongresses war vielgestaltig, die Darbietung brachte natürlich
Wiederholungen und Vertiefungen. Daher sei hier versucht, diesen Tagungsinhalt
systematisiert darzustellen und dabei die Namen der vielen Referenten und Beiträger
nicht zu nennen.
Allgemein: Die Gesellschaft mit ihren unvermeidlichen Veränderungen ist ohne
Digitalisierung nicht vorstellbar, weder für die Wirtschaft noch für das Alltagsleben
noch für das Kulturelle Erbe (dessen Bedeutung mehrfach genannt wurde).
Dementsprechend möchte die Politik ein "starkes Digitalland Deutschland" erreichen
(bisher erreicht Deutschland erst mittlere Ergebnisse im internationalen Vergleich)
und dazu als Hardware z.B. bis 2025 Gigabyte-Netze eingerichtet wissen. Notwendig
ist eine Blockchain-Strategie. Angedacht ist weiter, ein Zentrum für Künstliche
Intelligenz gemeinsam mit Frankreich zu errichten. (Standortdiskussionen beginnen!)
Zur inhaltlichen und strukturellen Begleitung sind die Errichtung einer Datenethik-
Kommission und eines Digitalrates vorgesehen und der Aufbau einer "Digitalagentur"
zu prüfen. Wichtig sind weiter auch Projekte im Rahmen der Smart Cities.
Grundgedanke ist: Digitalisierung ist nur in Kooperation(en) denkbar,
dazu kommt recht pragmatisch: Digitalisierung ist kein "Sparmodell", neue Bund-
Länder-Vereinbarungen sollen/werden Finanzierungshilfen ermöglichen.
Bibliotheken - sowohl öffentliche Bibliotheken als auch wissenschaftliche Bibliotheken -
sind als Teil der Gesellschaft wichtiger (und teilweise schon längst erfahrener) Teil
der Digitalisierung, sie sind die besucherstärksten Kultur- und Bildungseinrichtungen
(seit je her!), sozusagen das Mehrgenerationenhaus der Bildung, Ort des Diskurses
in der Gesellschaft, sozusagen "Dritter Ort" neben Wohnen und Arbeiten, mit
Schlüsselkompetenz, aber auch der Fähigkeit zur Qualitätssicherung. Aber auch die
Digitalisierung als Mittel der Bestanderhaltung behält ihre Bedeutung
Und immer ist der Blick zu richten auf Medien-, Informations- und Digitalkompetenz.
Aufschlußreich waren auch diverse praktische Hinweise und Beispiele aus Bibliotheken,
so der Einsatz eines humanoiden Roboters an der Stadtbibliothek Köln.
Mindestens die gleiche Bedeutung haben aber die Fragen und Problemstellungen, die bei
einer derartigen Tagung vorgelegt werden bzw. zum Vorschein kommen.
An dieser Stelle seien nur zwei genannt:
- Wer hat eigentlich das Eigentum an Daten?
- Warum werden Bibliothek und Bürgerhaus nicht in einem Bau zusammengeführt?
Erfreulicherweise war auch das österreichische Bibliothekswesen vertreten, u.a. durch
den österreichischen Bibliotheksverband.